Veranstaltung: | Sonder BG: unsere Änderungsanträge für das Wahlprogramm! |
---|---|
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 17.12.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.12.2024, 18:15 |
A2: WP-01-K1: In die Zukunft wachsen – ökologisch und ökonomisch
Antragstext
Die Menschen in Deutschland sind zu Recht stolz auf das, was sie schaffen, auf
die Qualität ihrer Arbeit, auf ihre Leistung, auf ihre Erfahrungen und
Kompetenz. Deutschland muss auf diese Kraft bauen, um die großen strukturellen
Herausforderungen anzugehen, vor denen wir stehen: Der Angriffskrieg von
Russland auf die Ukraine und der Systemkonflikt zwischen liberalen Demokratien
und autoritären Staaten im Umfeld Chinas erfordern eine Neuausrichtung von
Wirtschaftssicherheit und Handel, Lieferketten und Absatzmärkten. Wir werden
diesen Wettstreit auch im Ökonomischen nur gewinnen, wenn wir den großen Vorteil
der liberalen Demokratie maximal zur Geltung bringen: dass Menschen neue Ideen
haben und Dinge frei entdecken und entfalten können. Wir wollen in der kommenden
Regierung daran weiterarbeiten, die strukturellen Schwächen unseres Standorts zu
beheben. Wir sorgen dafür, dass Deutschland und Europa bei den Innovationen der
Zukunft vorn mit dabei sind. Dafür muss Wirtschaften einfacher und verlässlicher
werden, dafür müssen Chancen fair eröffnet und alle gerecht entlohnt werden.
Dafür können wir nicht im Status quo verharren. Vielmehr brauchen wir mehr Raum
und Begeisterung für die Bereitschaft, mit neuen Ideen und Technologien ins
Risiko zu gehen. Unser Ziel ist, die Innovationskraft unseres Landes spürbar zu
stärken.
Damit wir unseren Wohlstand erneuern und nicht nur verwalten, braucht es ein
Land, das einfach funktioniert – einen Staat, der es den Menschen und
Unternehmen leichter macht, ihre Ideen umzusetzen, und nicht schwerer: mit einem
Klick zur Lösung statt mit einem Dutzend Formularen in den Papierkrieg. Den
Aufbruch haben wir in den vergangenen drei Jahren geschafft: Wir haben ein
Rekordtempo beim Ausbau der Erneuerbaren erzeugt, haben Grundlagen gelegt bei
der Modernisierung der Industrie, der Zuwanderung von Fachkräften, der
Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, der Stärkung von
Investitionen. Aber unser Land braucht jetzt eine gemeinsame Anstrengung, damit
wir auf diesem Weg erfolgreich vorankommen. Der Wettlauf bei der technologischen
Entwicklung macht es notwendig, dass neue Ideen und Innovationen schneller
Wirklichkeit werden.
Wenn wir auf diesem Weg den deutschen und europäischen Standort stärken, stärken
wir dabei auch die Idee der sozialökologischen Marktwirtschaft – und eine
Wirtschaft, die Verantwortung übernimmt für Gesellschaft und Umwelt, sichere
Arbeitsplätze bietet und vor Ort verankert ist: eine Wirtschaft im Dienst der
Menschen. Eine starke Wirtschaft ist nicht nur Bedingung unseres Wohlstandes,
sondern auch Voraussetzung für Zusammenhalt und Stabilität im Inneren, für unser
Gewicht in der Welt und nicht zuletzt zur Bewältigung der Klimakrise.
Unser Wohlstand ermöglicht und basiert auf Gerechtigkeit, Klimaneutralität,
Lebensqualität und Vorsorge. Seine Erneuerung ist eng verknüpft mit der
Bekämpfung der Klimakrise, die gemeinsam mit der Krise der Artenvielfalt die
große Aufgabe unserer Zeit ist. Denn wir wollen einen Planeten erhalten, auf dem
Menschen in Freiheit und Sicherheit leben können. Wir werden den immer
häufigeren Extremwettern nicht gleichgültig gegenüberstehen, sondern mit aller
Kraft dafür kämpfen, dass sich das Klima stabilisiert. Das erfordert große
Investitionen, zum Beispiel in den Ausbau günstiger erneuerbarer Energien, der
jahrelang verschleppt wurde. Dafür brauchen wir intakte Ökosysteme, gesunde
Wälder, saubere Meere und Respekt vor den Tieren als Mitgeschöpfe. Wenn wir die
Umwelt schützen, schützt sie uns auch. Klimaschutz ist Menschenschutz und
zugleich eine zentrale Wettbewerbsfrage unserer Zeit. Der Weg zurück zu den
fossilen Technologien führt in den wirtschaftlichen Stillstand.
Wir werden darauf achten, dass alle Menschen unseres Landes den Weg mitgehen
können, der in eine gute Zukunft führt. Wir sorgen dafür, dass auch Mieter*innen
mit knappem Budget eine moderne Heizung und eine verbesserte Dämmung bekommen.
Wir sorgen dafür, dass der Zugang zu elektrischer Mobilität die Fortbewegung
komfortabler und das Auto erschwinglich macht. Wir sorgen dafür, dass durch
Klimaanpassung das Eigentum von Hausbesitzer*innen geschützt und Lebensleistung
erhalten wird.
A. Eine starke Wirtschaft für sichere Jobs
Für einen wettbewerbsfähigen Standort
Unternehmen brauchen gute Wettbewerbsbedingungen und ein gutes
Investitionsklima, allem voran klare Rahmenbedingungen und Planungssicherheit.
Für unsere Wirtschaft sorgen wir für dauerhaft günstige Energie, erhöhen private
und öffentliche Investitionen in Innovation und Infrastruktur, vereinfachen,
digitalisieren und beschleunigen staatliche Verfahren und Prozesse und arbeiten
daran, das Fachkräftepotenzial in und für Deutschland zu erhöhen.
Eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung ist ein entscheidender
Standortfaktor.Erleichterungen für Eigenstromproduktion und eine Förderung von
langfristigen Abnahmeverträgen sichern der Wirtschaft direkten Zugang zu
günstiger Energie. Auch für die Wirtschaft ist die weitere Absenkung der Steuern
und Abgaben auf Strom wichtig. Deshalb übernehmen wir die Netzentgelte für die
überregionalen Stromleitungen aus dem Deutschlandfonds und senken die
Stromsteuer auf das europäische Minimum. Wir werden weiterhin Maßnahmen zur
Steigerung der Energieeffizienz unterstützen. Zudem setzen wir uns ein für eine
dauerhafte und breitere Ausgestaltung der Strompreiskompensation für
energieintensive Unternehmen, die im globalen Wettbewerb stehen. Wir werden das
Wasserstoffkernnetz zügig aufbauen, die Erzeugung von grünem Wasserstoff in
Deutschland fördern und neue Importquellen sichern.
Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) leiden besonders unter
aufwendiger Bürokratie und oft zu komplizierten Regeln. Die Beschleunigung des
Ausbaus der Erneuerbaren haben wir maßgeblich durch das Abschaffen
bürokratischer Hürden wie Anträge für einzelne Stecker ermöglicht. Den gleichen
Weg müssen wir in allen Bereichen gehen. Mit dem Praxischeck haben wir dafür ein
pragmatisches und erfolgreiches Instrument zum Abbau unnötiger Bürokratie in
Deutschland eingeführt, das wir in der nächsten Legislatur skalieren werden.
Dabei werden Sektor für Sektor die Betroffenen aus Unternehmen, Verwaltung und
Zivilgesellschaft eingebunden, unnötige bürokratische Hürden bestimmt und
praktische Lösungen zu deren Abbau identifiziert, ohne soziale oder ökologische
Schutzstandards abzubauen. Das werden wir nun flächendeckend und systematisch
ausrollen und auch in den Gesetzgebungsprozessen vorab umsetzen. Bei jeder
Gesetzgebung muss die einfache Umsetzbarkeit im Vordergrund stehen. Ein
wesentliches Mittel für den Bürokratieabbau ist die Digitalisierung der
Verwaltung: Wir wollen, dass zentrale öffentliche Dienstleistungen für
Unternehmen an einer Stelle gebündelt werden und Daten nur einmal eingereicht
werden müssen. Die Notarpflichten werden wir vereinfachen und reduzieren, um so
Kosten zu senken und Zeit zu sparen. Damit mehr Unternehmen von den KMU-
Ausnahmeregeln profitieren können, werden wir die Schwellenwerte für die
Definition von KMU anheben.
Deutschland ist von früheren Regierungen jahrelang auf Verschleiß gefahren
worden. Zu lange hat es zu wenig verlässliche öffentliche Investitionen gegeben.
Dabei steht hinter jeder öffentlichen Investition realwirtschaftliche
Wertschöpfung. Wir wollen der Wirtschaft eine starke, resiliente und
verlässliche Infrastruktur bereitstellen, indem wir die öffentlichen
Investitionen dafür aus nationalen und aus Mitteln der Europäischen Union (EU)
stärken und ausbauen. Dafür werden wir auch die Schuldenbremse sinnvoll
modernisieren.
Der Großteil der Investitionen kommt jedoch von Unternehmen und anderen privaten
Akteuren. Wer in Deutschland investiert, soll es bei der Steuer leichter haben:
Dazu führen wir eine auf fünf Jahre befristete, unbürokratische
Investitionsprämie von 10 Prozent für alle Unternehmen und alle Investitionen
mit Ausnahme der Gebäudeinvestitionen ein. Diese Prämie wird mit der
Steuerschuld des Unternehmens verrechnet; falls die Prämie die Steuerschuld
übersteigt, wird sie ausgezahlt.
Es ist absolut entscheidend, dass wir nicht nur gute Ideen entwickeln, sondern
dass daraus auch starke neue deutsche Unternehmen entstehen.Hier haben wir
bisher im Vergleich zu den USA oder China eine große Schwäche beim Zugang zu
Finanzierung. Wir erleichtern deshalb den Zugang zu Wagniskapital durch die
Fortsetzung der WIN-Initiative, um jungen innovativen Unternehmen durch
verbesserte steuerliche, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen einen
einfacheren Zugang zu privatem Kapital zu ermöglichen.
Wettbewerbsfähigkeit steht und fällt auch mit gut qualifizierten Beschäftigten.
Gewerkschaften, betriebliche Mitbestimmung und die Sozialpartnerschaft mit ihrer
starken Tarifbindung sind eine Stärke unseres Standorts.
Für mehr Arbeitskräfte und die gleichberechtigte
Erwerbstätigkeit von Frauen
Der Mangel an Arbeits- und Fachkräften ist eine der größten Herausforderungen
für die wirtschaftliche Entwicklung und Modernisierung Deutschlands. Ob
Handwerk, Gastronomie oder große Konzerne – alle sind betroffen. Um diese Lücke
zu schließen, gilt es Hindernisse abzubauen und Anreize zu setzen, damit
Menschen sich auf dem Arbeitsmarkt einbringen können.
Deutschland hat 2,9 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss, während viele
Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Wir müssen dazu beitragen, dass junge
Menschen besser ihren Weg in den Beruf finden und die Attraktivität der
beruflichen Ausbildung erhöhen. Mit Maßnahmen wie dem Qualifizierungsgeld
unterstützen wir Menschen, die schon im Berufsleben sind und sich neu
orientieren oder weiterqualifizieren möchten. Älteren Arbeitnehmer*innen werden
wir Anreize für längeres Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus bieten.
Wenn alle Frauen mit Kindern so arbeiten könnten, wie sie möchten, hätten wir in
Deutschland bis zu 840.000 zusätzliche Arbeitskräfte. Um die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf zu erleichtern, wollen wir durch einen gesetzlichen Rahmen
flexible Lösungen ermöglichen und zugleich passgenaue Regelungen für die
Betriebe bieten, die sie nicht überfordern. Ein gutes und verlässliches Angebot
an Betreuungsplätzen ist dafür die Grundlage. Betreuungskosten sollten
umfangreicher bei der Steuer absetzbar sein. In der jetzigen Form stellt das
Ehegattensplitting ein Erwerbshindernis für Frauen dar. Deshalb wollen wir es
grundlegend geschlechtergerecht reformieren, indem wir für Neuehen eine
individuelle Besteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag einführen. Für
bestehende Ehen ändert sich nichts. Indem wir eine gleichberechtigte
Erwerbsbeteiligung von Frauen ermöglichen, stärken wir ihre eigenständige
Absicherung, schützen sie so vor Altersarmut und stärken gleichzeitig die
Volkswirtschaft.
Deutschland muss für die besten Arbeitskräfte aus aller Welt attraktiv sein. Wir
wollen, dass Menschen, die bei uns arbeiten wollen, ihr Arbeitsvisum online
beantragen können und dafür nur einen Ansprechpartner brauchen. Eine digitale
Einwanderungsagentur soll den Einwanderungsprozess modernisieren und
beschleunigen. Wir setzen uns dafür ein, dass ein Austausch mit Ämtern und
Behörden noch leichter auf Englisch erfolgen kann. Die Anerkennung von
ausländischen Berufsabschlüssen vereinfachen wir deutlich und schaffen dafür
eine zentrale Anerkennungsstelle. Die Arbeitshindernisse für Geflüchtete bauen
wir weiter ab, auch weil sie über den Arbeitsmarkt schneller in unsere
Gesellschaft integriert werden.
Für eine starke europäische Wirtschaft
Der europäische Binnenmarkt mit seinen 450 Millionen Einwohner*innen und 17
Billionen Euro Wirtschaftsleistung ist eine historische Errungenschaft. Nur mit
mehr Europa können wir im Wettbewerb mit den USA und China bestehen, können wir
die gemeinsame Wachstums- und Innovationsschwäche überwinden und wieder
treibende Kraft beim technologischen Fortschritt werden. Das schafft und sichert
auch Wohlstand und gute Jobs in Deutschland.
Wir wollen den europäischen Binnenmarkt weiter vertiefen und um eine vertieften
Digitalunion ergänzen: Damit die Unternehmen der Zukunft auch in Europa groß
werden. Und wir wollen, dass Europa seine Kräfte bei Forschung und Innovation
bündelt. Starke Netzwerke europäischer Universitäten, gemeinsame Rechenzentren
oder Forschungsagenturen können uns wieder zum Spitzenreiter bei den
Zukunftstechnologien machen.
Europa ist bereits Weltmarktführer bei sauberen, nachhaltigen Technologien wie
Windturbinen und Elektrolyseure. Der europäische Green Deal gibt mit
klimapolitischen und ökologischen Zielen und Leitplanken den Rahmen für fairen
Wettbewerb in Europa. Bei pragmatischer Umsetzung kann Europa so zum Marktführer
für nachhaltige Elektrotechnik, Chemie, Maschinenbau und Dienstleistungen
werden. Damit sichern wir durch Klima- und Ressourcenschutz gute Jobs im
Industriebereich – einem wichtigen Zukunftsmarkt. Dazu brauchen wir jetzt
stabile Rahmenbedingungen für Zukunftstechnologien statt innovationsfeindliche
Diskussionen um ein Rollback oder eine Bremsung des europäischen Green Deal.
Wir unterstützen die Erweiterung des Green Deal um eine industrielle Dimension.
Wir müssen von Klimaschutzmaßnahmen wirtschaftlich stärker profitieren und
unsere klimaneutrale europäische Innovationskraft zu einem globalen
Wettbewerbsvorteil ausbauen. Dafür wollen wir im nächsten EU-Finanzrahmen die
entsprechenden Instrumente schaffen und sie mit den notwendigen Mitteln
unterlegen. Dazu gehört auch, dass wir das Beihilferecht der EU so ändern, dass
es kurzfristig einer umfassenden Unterstützung der Dekarbonisierung der
Industrie und dem Abbau gefährlicher Abhängigkeiten von Autokratien nicht im
Wege steht.
Für funktionierende und nachhaltige Finanzmärkte
Funktionierende Finanzmärkte sind ein essenzieller Bestandteil stabiler
wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und einer nachhaltigen Investitionsdynamik,
die für klimaneutrale Erneuerung unerlässlich sind. Um Finanzkrisen vorzubeugen,
benötigen Banken, aber auch Versicherungen und andere Finanzmarktakteure
ausreichend haftendes Eigenkapital. Gerade kleine Banken und Finanzmarktakteure
wollen wir von unnötig kleinteiliger Bürokratie entlasten.
Trotz der gemeinsamen Währung orientieren sich die Kapitalmärkte der EU-
Mitgliedstaaten häufig noch an nationalen Staatsgrenzen. Die uneinheitliche
Regulierung hemmt Investitionen aus dem Ausland und schränkt
Finanzierungsmöglichkeiten für in der EU ansässige Konzerne ein. Aber auch
kleine und mittelständische Firmen leiden, etwa unter dem vergleichsweise
unterentwickelten europäischen Markt für Eigenkapitalinstrumente und
Schuldverschreibungen. Wir werden uns europäisch für eine rasche Vollendung der
Kapitalmarkt- und Bankenunion einsetzen. Das Vertrags- und Insolvenzrecht für
Finanzmarktakteure wollen wir dafür europaweit angleichen.
Wir wollen Finanzmarktakteuren die nachhaltige Finanzierung erleichtern.
Sustainable Finance leistet einen wichtigen Beitrag, Investitionen in fossile
Energien unwirtschaftlich und Investitionen in Zukunftstechnologien günstiger zu
machen. Deutschland soll eine führende Rolle bei der Verbesserung der
Sustainable-Finance-Regulierung spielen. Wir setzen uns dabei für mehr
Konsistenz und Vereinfachung bei der Sustainable-Finance-Regulierung auf
europäischer und internationaler Ebene ein, mit Fokus auf Wirkung und Effizienz.
Alle Geldanlagen des Staates sollen nach Nachhaltigkeitskriterien angelegt
werden.
Für mehr Innovationskraft
Deutschland und Europa müssen bei den Innovationen der Zukunft vorn mit dabei
sein.Denn diese Innovationen sind nicht nur entscheidend für unsere
wirtschaftliche Zukunft, sondern auch für die Bewältigung der großen
gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit – von der Klimakrise bis zur
geopolitischen Behauptung gegen den Autoritarismus.
Die deutsche Forschung soll Weltspitze bleiben. Wir wollen erreichen, dass Staat
und Unternehmen mindestens 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und
Entwicklung investieren. Unsere Forschungspolitik umfasst die freie
Grundlagenforschung ebenso wie die missions- und anwendungsorientierte Forschung
sowie den Transfer in marktreife Produkte. Wir werden daher die
Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage weiter ausweiten und so Unternehmen
bei der Forschung besser unterstützen. Gleichzeitig brauchen wir eine
auskömmliche Grundfinanzierung in der Wissenschaft. Mit der Deutschen Agentur
für Transfer und Innovation (DATI) wollen wir regionale Innovationsökosysteme
unterstützen, in denen Wissenschaft, Gesellschaft und die Wirtschaft gemeinsam
an innovativen Lösungen arbeiten. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen
(SPRIND) fördert Innovationen nicht klassisch durch Förderprogramme, sondern
durch sogenannte Challenges. Diesen Ansatz wollen wir ausbauen und auf
europäischer Ebene flankieren. Wir schaffen auch mehr Experimentierräume wie die
Reallabore, in denen neue Technologien erprobt und in die Anwendung gebracht
werden können.
Wir werden die Digitalisierung der Wirtschaft und die Entwicklung von digitalen
Geschäftsmodellen erleichtern. Dazu wollen wir die Anwendung von Künstlicher
Intelligenz (KI), die Etablierung robuster Cybersicherheitsstandards sowie die
Stärkung digitaler Kompetenzen in Unternehmen gezielt fördern und
Datenschutzbürokratie abbauen. Wir schaffen zudem passende Rahmenbedingungen für
interoperable Standards und für einen sicheren und effizienten Datenaustausch
entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Der Staat sollte als vertrauensvoller
Referenzkunde seine Marktmacht als Einkäufer nutzen, um innovative digitale
Produkte zu fördern. Dabei sollte er insbesondere Open-Source-Anwendungen und
Produkte von Start-ups und KMU berücksichtigen.
Für die notwendige Innovationskraft brauchen Deutschland und Europa eine neue
Gründungskultur. Wir werden Gründungen einfacher machen durch rechtliche
Vereinfachungen und indem wir Gründer*innen in One-Stop-Shops Begleitung und
Beratung aus einer Hand anbieten. Wir wollen Gründungen in ihrer Vielfalt
unterstützen. Dafür geben wir insbesondere Gründerinnen und nachhaltigen Start-
ups einen Booster, etwa durch verbesserte Finanzierungsangebote. Ausgründungen
aus Hochschulen werden wir erleichtern, die EXIST-Hochschulförderung auf mehr
Universitäten ausweiten und den Transferauftrag für Hochschulen und
außeruniversitäre Forschungseinrichtungen stärken.
Für die klimaneutrale Modernisierung der Industrie
Unser Anspruch ist es, dass Deutschland ein starker Industriestandort bleibt,
denn Industrieunternehmen sind in ihren Regionen identitätsstiftend und wichtige
Arbeitgeber. Wir wollen unsere Industrie bei der klimafreundlichen
Modernisierung unterstützen, sie hier halten und verhindern, dass die Produktion
in Länder abwandert, in denen es noch keinen CO2-Preis und nur laxe
Umweltschutz- und Sozialstandards gibt. In einer Welt, in der Krisen, Konflikte
oder machtpolitische Bestrebungen jederzeit Lieferketten stören oder zerbrechen
lassen können, brauchen wir in essenziellen Bereichen eigene
Produktionsmöglichkeiten, um fatale Abhängigkeiten zu vermeiden.
Damit die klimaneutrale Modernisierung der Industrie gelingen kann, setzen wir
auf einen effizienten Instrumentenmix aus marktwirtschaftlichen Instrumenten wie
CO2-Preis, gezielter Unterstützung vor allem bei Investitionen und – wo nötig –
möglichst unbürokratischem Ordnungsrecht. Wo Investitionshürden zu Beginn zu
hoch sind und über den CO2-Preis nicht genug Anreize gesetzt werden, setzen wir
auf wettbewerbsorientierte Instrumente wie die Klimaschutzverträge. Den
Anwendungsbereich der Klimaschutzverträge werden wir ausweiten und so diejenigen
Unternehmen finanziell fördern, die pro Euro am meisten CO2 einsparen. Um
ausreichend Nachfrage für klimaneutral hergestellte Produkte zu garantieren,
werden wir grüne Leitmärkte in Sektoren wie Stahl und Zement europaweit
etablieren. Dafür wollen wir beispielsweise bei öffentlichen Aufträgen eine
Mindestquote von grünem Stahl einführen, die stetig ansteigt. Die vollständige
Klimaneutralität der Industrie wird aufgrund von schwer zu vermeidenden
Emissionen bei bestimmten Produktionsprozessen nur mit der Abscheidung,
Speicherung und Nutzung von CO2 (CCS/CCU) möglich sein. Deshalb ermöglichen wir
dafür die Anwendung dieser Technologie und unterstützen den Ausbau der
notwendigen Infrastruktur. Die Speicherung von CO2 in Meeresschutzgebieten
lehnen wir ab.
Global ist der Wettbewerb zwischen Verbrenner und E-Autos längst entschieden.
Für die Unternehmen in der Automobilindustrie, mit ihren mittelständischen
Zulieferbetrieben der größte Industriezweig in unserem Land, ist
Planungssicherheit entscheidend: dass wir dabei bleiben, ab 2035 nur noch
klimafreundliche Antriebe neu zuzulassen. Die konkreten Ziele der EU-
Flottengrenzwerteverordnung unterstützen wir und lehnen eine Abschwächung ab.
Mögliche Strafzahlungen sollen gegebenenfalls gestreckt und für den Hochlauf der
E-Mobilität durch europäische Programme genutzt werden. Wir beschleunigen den
Hochlauf der Elektromobilität durch gezielte Förderung für die Ladeinfrastruktur
und sozial ausgewogene Kauf- und Leasinganreize. Förderung wollen wir dabei nur
jenen gewähren, die auch in Europa mit seinen hohen sozialökologischen Standards
produzieren: in Europa, für Europa. Mit gezielten Forschungsprogrammen und dem
Ausbau der regionalen Transformationsnetzwerke unterstützen wir die
Fortentwicklung von Geschäftsmodellen, insbesondere in den Bereichen vernetztes
Fahren und Batteriezellen.
Durch eine stärkere Offenheit und Förderung in Schlüsselbereichen wie KI,
Quantentechnologie, Mikrochips, Biotechnologie, Robotik und Raumfahrt wollen wir
wettbewerbsfähig bleiben und globale Trends mitgestalten können. Insbesondere
werden wir den Aufbau von Produktionskapazitäten für Schlüsseltechnologien wie
beispielsweise Mikrochips und Batterien weiter vorantreiben. Wir setzen uns für
eine wettbewerbsfähige europäische Raumfahrtindustrie ein, um durch
Satellitenkommunikation und -navigation, New Space, (Klima-)Forschung und
Erdbeobachtung unsere strategische Souveränität zu stärken.
Auch der Schritt zur Klimaneutralität ist ein Innovationsmotor. Von modernster
Kraftwerkstechnologie über Elektrolyseure bis zur Herstellung von Wasserstoff,
vom E-Auto bis zur Wiederverwendbarkeit von Materialien entstehen neue
Zukunftstechnologien, bei denen die deutsche Industrie ganz vorn mit dabei sein
kann. Diese Zukunftstechnologien wollen wir ermöglichen, fördern und bei der
Markteinführung unterstützen – und damit Arbeitsplätze und Wohlstand von morgen
sichern. Dafür wollen wir den europäischen Net-Zero Industry Act der EU
möglichst schnell und umfassend in Deutschland umsetzen.
Für die Stärkung von Mittelstand und Handwerk
Die ökonomische Kraft unseres Landes liegt in der Vielfalt seiner Unternehmen.
Die Tatkraft und Innovationsfähigkeit der Handwerksbetriebe, der Selbstständigen
und Freiberufler*innen sowie der KMU sind Motor unserer Wirtschaft. Sie treiben
den Klimaschutz voran und sorgen gerade in ländlichen Räumen für Arbeitsplätze
und Stabilität. Der Entfaltung dieser Kraft wollen wir Rückenwind geben.
Das Handwerk bietet in einer nachhaltigen Wirtschaft krisensichere
Arbeitsplätze.Durch Bürokratieabbau, die Unterstützung bei Nachfolgen und die
gezielte Förderung der Ausbildung im Handwerk wollen wir die Rahmenbedingungen
verbessern. Oberstes Ziel sind der Erhalt und die Zukunftsfähigkeit der
Betriebe. Damit Handwerksberufe noch attraktiver werden, setzen wir auf
branchenspezifische Mindestvergütungen und mehr Gleichwertigkeit von beruflicher
und akademischer Ausbildung. Der Meisterbrief soll kostenlos werden. Wir setzen
uns dafür ein, dass auch für Handwerkerinnen und Soloselbstständige die Wochen
rund um die Geburt durch Mutterschaftsgeld finanziell abgesichert werden.
Wir stehen für eine starke deutsche und europäische Wettbewerbspolitik mit dem
unabhängigen Bundeskartellamt und der EU-Kommission im Zentrum. Das
Wettbewerbsrecht braucht eine Weiterentwicklung, um KMU sowie Verbraucher*innen
effektiver vor Monopolen zu schützen. Auf europäischer Ebene wollen wir dazu das
von der Kommission bereits vorgeschlagene New Competition Tool wiederbeleben,
vor allem um heimische Unternehmen vor unfairen Praktiken globaler
Großunternehmen zu schützen. Umgekehrt sollen kleine Übernahme- und Fusionsfälle
in Deutschland und Europa von bürokratischen Verfahren entlastet werden.
Unfaire und teure Praktiken von Onlineplattformen zulasten des mittelständischen
Gewerbes und der Verbraucher*innen werden wir mithilfe des Wettbewerbsrechts
zurückdrängen. Über große Onlinehändler gelangen massenweise Waren zu uns, die
europäische Standards nicht einhalten. Im Internet entstehen immer wieder neue,
unfaire und manipulative Praktiken. Wir setzen uns dafür ein, dass große
Plattformen – genau wie der Laden um die Ecke – Produktverantwortung übernehmen
müssen.
Um die Vergabestellen gerade der Kommunen und die Wirtschaft um
Verwaltungskosten von über einer Milliarde Euro zu entlasten, modernisieren wir
das Vergaberecht umfassend, um nachhaltige Beschaffung zu vereinfachen und zur
Regel zu machen. Um die Vergabestellen gerade der Kommunen zu entlasten, werden
wir die Direktauftragsgrenzen deutlich anheben. Wir berücksichtigen Start-ups
bei der Vergabe besser.
Um Familienunternehmen und Start-ups weitere Nachfolgeoptionen zu bieten, wollen
wir eine neue attraktive Rechtsform für Gesellschaften mit gebundenem Vermögen
einführen. Gemeinwohlorientierte Unternehmen sollen künftig die gleiche
Förderung erhalten wie alle anderen Gründer*innen auch. Gelder von verwaisten
Konten werden wir zur Stärkung sozialer Innovationen und gemeinwohlorientierter
Unternehmen verwenden. Die Nationale Strategie für Soziale Innovationen und
Gemeinwohlorientierte Unternehmen werden wir fortführen.
Von Wertschöpfung und Investitionen vor Ort in den Kommunen hängt die
Wirtschaftskraft und Lebensqualität in ländlichen Räumen entscheidend ab. Durch
den Ausbau der Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsentwicklung (GRW)
stellen wir sicher, dass Menschen und Unternehmen sich überall im Land entfalten
können.
Gerade in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen wie der Lausitz liegt das
Potenzial für ambitionierten Klimaschutz und vorausschauende Wirtschaftspolitik.
Die Herausforderungen sind groß und dennoch wollen wir den Strukturwandel als
Chance begreifen, um mit neuer Infrastruktur, Wirtschaftsförderung,
Renaturierung und Investitionen in Zukunftstechnologien den Weg in eine
nachhaltige Zukunft zu ebnen. Wichtig ist uns dabei, die Menschen vor Ort durch
transparente Entscheidungsprozesse, aber auch durch Unterstützung der Ideen und
Wünsche vor Ort zu beteiligen.
Der Tourismus ist in Deutschland Motor für Wachstum und Beschäftigung,
insbesondere in ländlichen Regionen. Wir werden die Nationale Tourismusstrategie
fortentwickeln und den Tourismusstandort Deutschland nachhaltiger, sozial
gerechter und innovativer gestalten.
Wohlstand ist für uns mehr als nur das Wachstum des Bruttoinlandsprodukt. Wir
haben daher erstmals im Jahreswirtschaftsbericht auch den Zustand von Umwelt und
Klima sowie soziale Faktoren mit in den Blick genommen. Diese umfassende
Wohlstandsmessung wollen wir ausbauen.
Für Wirtschaftssicherheit und zukunftsfähigen Außenhandel
Unser Wohlstand und unsere wirtschaftliche Resilienz und Sicherheit hängen neben
dem europäischen Binnenmarkt wesentlich von belastbaren internationalen
Partnerschaften und vom globalen Handel ab. Angesichts geopolitischer Konflikte,
protektionistischer Maßnahmen und zunehmend schärferem internationalen
Wettbewerb brauchen wir eine zukunftsfähige Handelsagenda, die sich für alle
auszahlt.
Ausgewogene Handelspartnerschaften eröffnen deutschen Unternehmen nicht nur neue
Absatzmärkte, sondern stärken auch ihre Lieferketten. Eine breitere Streuung
unserer Wirtschaftsbeziehungen hilft zudem, Abhängigkeiten in kritischen
Bereichen zu verringern. Der Fokus auf einzelne Sektoren und gezielte Abkommen
für bestimmte Waren und Dienstleistungen verspricht dabei schnelle
Verhandlungserfolge. Hohe Standards bei sozialer Gerechtigkeit, Klima- und
Naturschutz sowie Menschenrechten bewahren gleichzeitig die heimische Wirtschaft
vor einem schädlichen Unterbietungswettbewerb und schützen vor Ausbeutung oder
Umweltzerstörung in anderen Ländern. Wir verhandeln entsprechend folgender
Prinzipien: rechtsverbindliche und einklagbare ökonomische, soziale und
ökologische Standards, eine Verankerung des Vorsorgeprinzips, eine verbindliche
Verankerung des Pariser Klimaabkommens, der zentralen Arbeitsschutzkonventionen
der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und des Übereinkommens zur
biologischen Vielfalt, der Beendigung der missbräuchlichen Nutzung von
Schiedsgerichten sowie der Begrenzung von zukünftigen Investitionsabkommen auf
direkte Enteignung und Diskriminierung.
Die EU-Lieferkettenrichtlinie ist eine große Errungenschaft: Verbraucher*innen
in Europa können sicher sein, dass Produkte, die sie hier kaufen, frei von
Ausbeutung und Kinderarbeit entstanden sind. Wir sorgen dafür, dass die
Lieferkettenrichtlinie unbürokratisch in deutsches Recht übertragen wird.
Unfaire Handelspraktiken und Marktverzerrungen erfordern entschiedenes Handeln –
deshalb setzen wir uns, wo es geboten ist, bei der EU-Kommission für
Ausgleichszölle ein, etwa auf Stahl. Wir stärken der EU-Kommission in ihren
Verhandlungen mit China über Dumping von E-Autos den Rücken, um die Interessen
der europäischen Industrie zu wahren. Die Schlupflöcher im Zollrecht müssen
geschlossen werden, durch die besonders asiatische Onlinehändler wie Temu
unsichere Wegwerfprodukte am Zoll vorbeischleusen und europäische Hersteller
unterbieten. Wer dauerhaft illegale Produkte im großen Stil nach Europa
einführt, muss nach dem EU-Gesetz über digitale Dienstleistungen sanktioniert
werden. Wir werden den europäischen CO2-Zoll CBAM durch eine Ausweitung des
Anwendungsbereichs, eine Berücksichtigung der Gesamtemissionen des Herstellers
im Herkunftsland und die Nutzung von Standardwerten praxistauglicher und
effektiver gestalten. Damit er die Wettbewerbsnachteile ausgleicht, die
europäischen Industrieunternehmen gegenüber Herstellern aus Ländern ohne CO2-
Preis entstehen.
Strategisch wichtige Branchen werden wir mit einem neuen
Investitionsprüfungsgesetz vor Übernahmen schützen. Um unsere Unabhängigkeit und
ungestörte Lieferketten zu sichern, gehen wir bei Ausschreibungen in Sektoren
mit hoher Abhängigkeit entsprechend der Resilienzvorgaben des Net-Zero Industry
Acts vor. Staatliche Förderprogramme für den Kauf von Produkten wie E-Autos
werden wir künftig für Produkte gewähren, die größtenteils auch in Europa mit
seinen hohen sozialen und ökologischen Standards produziert wurden.
Für Rohstoffsicherheit und Kreislaufwirtschaft
Eine nachhaltige, unabhängige und wettbewerbsfähige Wirtschaft erfordert sowohl
eine gesicherte Versorgung mit Rohstoffen als auch den Übergang zu einer
effektiven Kreislaufwirtschaft im Einklang mit den planetaren Grenzen, die
Ressourcen spart und Müll vermeidet. Auch für das Erreichen der Klimaziele sind
wir auf eine verlässliche Versorgung mit Rohstoffen angewiesen.
Unser Ansatz für mehr Rohstoffsicherheit basiert auf vier Säulen. Erstens wollen
wir den Verbrauch von Primärrohstoffen senken und langfristig halbieren. Der
Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energierohstoffe, Rohstoffeffizienz und –
wo möglich – der Ersatz von Rohstoffen, ebenso wie der gezielte Einsatz von
Recyclingrohstoffen sind der Schlüssel dafür. Zweitens fördern wir Recycling und
den Aufbau einer effektiven Kreislaufwirtschaft. Drittens setzen wir auf
heimischen und europäischen Bergbau, auch mit einem modernisierten,
umweltschonenden Bergrecht. Und viertens entwickeln wir eine nachhaltige
Rohstoffaußenpolitik und schließen neue Rohstoffpartnerschaften.
Niemand hat Lust, ständig Dinge wegzuwerfen und große Mengen an Müll zu
produzieren. Die Kreislaufwirtschaft macht daraus mit neuen Geschäftsmodellen
eine wirtschaftliche Chance, von der Wasserflasche über das Smartphone bis zum
Wohnhaus. Sie braucht die richtigen regulatorischen und ökonomischen
Rahmenbedingungen, mehr Materialstandardisierung und gleiche
Wettbewerbsbedingungen für recyceltes Material. Ein digitaler Produktpass
schafft bessere Informationen über die Materialien, die in einem Produkt
stecken. Dafür werden wir jetzt die Kreislaufwirtschaftsstrategie umsetzen. Wir
haben uns auf europäischer Ebene erfolgreich dafür eingesetzt, dass Produkte
langlebig und reparaturfreundlich hergestellt werden.
Für einen starken Verbraucherschutz
Faire Verträge und einklagbare Verbraucherrechte – darauf müssen sich
Verbraucher*innen verlassen können. Gerade in Zeiten steigender
Lebenshaltungskosten kann und muss Verbraucherschutz dazu beitragen, das Leben
einfacher zu machen und Menschen vor unfairen Preisen, Intransparenz und Betrug
zu schützen.
Gentechnikfreie Lebensmittel sind für viele Verbraucher*innen wichtig. Damit das
möglich bleibt, müssen alle, die gentechnikfrei arbeiten wollen, das auch in
Zukunft können. Dafür ist entscheidend, dass es keine Patente auf Leben gibt:
Pflanzen, Tiere, Saatgut und Gene dürfen nicht patentiert werden, auch nicht in
digitalisierter Form. Und es braucht eine Kennzeichnungspflicht für gentechnisch
verändertes Saatgut und Lebensmittel.
Steigende Energiepreise und die notwendige Energie- und Wärmewende stellen
Verbraucher*innen vor große Herausforderungen. Wir werden einen wirksamen Schutz
vor Wärme- und Stromsperren auf den Weg bringen. Damit für Stromkund*innen
schnell und einfach sichtbar wird, ob sie aufgrund eines überteuerten
Altvertrags Monat um Monat zu viel für ihren Strom bezahlen, machen wir die
Angabe des durchschnittlichen Strompreises für Neukund*innen auf der
Energierechnung verpflichtend. Dann weiß jede und jeder, wann sich ein Wechsel
besonders lohnt. Das wirkt als Teuer-Bremse für Stromtarife.
Wenn es ums Geld geht, sind transparente und einfach verständliche Informationen
besonders wichtig. Deshalb bedarf es beim finanziellen Verbraucherschutz
besonders hoher Standards und einer fairen und unabhängigen Finanzberatung. Im
Zentrum steht der Schutz von Kleinanleger*innen. Die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wollen wir auch beim Schutz vor
Greenwashing von Finanzprodukten in die Pflicht nehmen. Zudem setzen wir auf
transparente und einfach verständliche Mindeststandards und Normen für
nachhaltige Finanzprodukte.
Die hohen Kosten des Zahlungsverkehrs für deutsche Unternehmen und
Verbraucher*innen – etwa bei der Nutzung von Kreditkarten – wollen wir mithilfe
innovativer Wettbewerber und des Wettbewerbsrechts günstiger machen.
B. Ein modernes und digitales Land
Für einen Staat, der für die Menschen funktioniert
Für die Herausforderungen im Heute und Morgen wollen wir unseren Staat besser
aufstellen und bieten dafür den demokratischen und föderalen Partnern die Hand
für eine Staatsreform. Darunter verstehen wir unter anderem, dass die Aufgaben
und Rollen an manchen Stellen in unserem föderalen Staat neu verteilt, gebündelt
und auch klarer gestaltet werden, zum Beispiel im Sozialleistungsbereich. Wir
setzen auf konstruktive Zusammenarbeit statt Doppelstrukturen und Gegeneinander.
Der Bund sollte bei Gesetzen und Förderprogrammen mehr Umsetzungsverantwortung
auf Länder und Kommunen übertragen, statt alles detailliert selbst zu regeln.
Länder und Kommunen brauchen mehr Spielräume für eigenverantwortliches Handeln
wie auch für konkrete Kooperationen. Umgekehrt sollte der Bund für bundesweit
gesetzlich geregelte Leistungen wie Elterngeld oder Wohngeld einen digitalen
Dienst bereithalten, den Länder und Kommunen für die Leistungserbringung vor Ort
nutzen können. Durch solche zentralen Serviceeinheiten kann der Bund
Routineaufgaben zentral erbringen, damit sich die Verwaltung vor Ort auf die
Beratung konzentrieren kann. Den Auftakt für diese Reformprozesse könnten die
Diskussionen in einem Bürgerrat geben.
Die Gesetzgebung des Bundes muss praxistauglicher und weniger kompliziert
gestaltet werden. Die Digital- und Praxischecks wollen wir dafür ausbauen. Bei
neuen Gesetzgebungsvorhaben ist das zugrunde liegende Stammgesetz zu
modernisieren, sind Leistungen zu pauschalisieren sowie Experimentierräume und
Reallabore vorzusehen. Die Bundeshaushaltsordnung und ihre Anlagen wollen wir
entschlacken, ohne die Fehlverwendung öffentlicher Gelder zu begünstigen.
Durch Modernisierung und Automatisierung, auch durch den Einsatz von KI, kann
der Arbeitsaufwand für Verwaltungsprozesse geringer werden. So verkleinern wir
auch die Ministerialverwaltung des Bundes und stärken die
Umsetzungsverantwortung der nachgeordneten Bundesbehörden. Dies ist in Zeiten
des Fachkräftemangels und unbesetzter Stellen dringend nötig.
Für eine serviceorientierte Verwaltung
Wir werden unsere öffentliche Verwaltung konsequent modernisieren,
digitalisieren und an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten.
Bürger*innen sollen mit dem Staat digital und auf Augenhöhe kommunizieren
können. Deshalb werden wir gemeinsam mit den Ländern und Kommunen die
Deutschland-App einführen, in der schrittweise alle staatlichen
Verwaltungsangebote sicher, barrierefrei und anwendungsfreundlich zur Verfügung
stehen sollen. In dieser App kann man künftig mit wenigen Klicks einen
Personalausweis beantragen oder die neue Wohnung anmelden. Die App dient als
einfache Bedienungsoberfläche für die Bürger*innen und als Zielbild für die
deutsche Verwaltungsdigitalisierung. Im Hintergrund der App bauen wir eine
moderne, modulare und standardisierte IT-Architektur, bei der die
Verwaltungsdomänen von Bund, Ländern und Kommunen sinnvoll ineinandergreifen.
Die Beschäftigten in den Behörden sind motiviert, sie packen an und wollen
Prozesse besser machen. Uns geht es darum, sie zu entlasten und mehr Effizienz
zu ermöglichen: Wir gehen mit einer Innovationskultur in der Verwaltung voran,
die offen ist für antragslose Verfahren, risikobereite Entscheidungen,
Experimentierfreude und den Einsatz moderner Technik. Dafür erhöhen wir die
Ermessensspielräume der Entscheider*innen. Wir ermöglichen den Einsatz von
Automatisierung und KI-Anwendungen überall, wo sie hilfreich und sinnvoll sind.
Damit Daten nicht immer wieder neu erhoben werden müssen, treiben wir die
Registermodernisierung und -vernetzung voran. Die Behörden sollen Datentools
vorhalten, bei denen Bürger*innen und Unternehmen ihre Daten nur einmal
einpflegen müssen. Dann müssen die verschiedenen Ebenen der Verwaltung darauf
selbst zurückgreifen. Das verschlankt persönliche Meldungen, Berichtspflichten
und Kontrolldaten in der Landwirtschaft. Dafür brauchen wir auch eine sichere
eigene Cloud in Deutschland.
Für eine schnelle und umfassende Digitalisierung
Die Digitalisierung zu gestalten, ist für unser Zusammenleben und unseren
Wohlstand zentral. Bisher ist das in Deutschland nicht ausreichend gelungen.
Dies liegt auch an der Zersplitterung der Zuständigkeiten dafür und der
fehlenden Ressourcenbündelung. Deswegen braucht es eine Bündelung von
Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und der Budgetverantwortung. Damit gehen
wir den Ausbau der digitalen Infrastruktur, die europäische und internationale
Digitalpolitik und die Entwicklung einer Open-Source-Strategie fokussiert an.
Für den Digitalen Staat wollen wir zentrale digitale Dienste wie die BundID und
die Deutschland-App vorantreiben. Den Digitalcheck als aktives und begleitendes
Instrument der Gesetzgebung entwickeln wir weiter und gestalten die
Digitalisierung nachhaltig.
Der Schlüssel zur Beschleunigung der Digitalisierung Deutschlands liegt in der
Überwindung der Grenzen der unterschiedlichen IT-Systeme von Unternehmen,
Behörden und Forschungseinrichtungen durch Interoperabilität. Nur dann können
Prozesse durchgängig digital ohne Handarbeit oder Medienbrüche abgewickelt
werden. Diese Art der Vernetzung ist zu sehr vernachlässigt worden. Wir werden
offene Standards fördern und dabei Entwickler*innen, Zivilgesellschaft und KMU
stets miteinbeziehen. Diese Standards sollen ohne Lizenzgebühren frei nutzbar
sein. Wir denken Interoperabilität und digitale Kooperation weiter, nämlich als
eine notwendige Grundlage, um die Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und
Nachhaltigkeit unserer Wirtschaft zu stärken.
Um das große Potenzial von Datenkollaboration für Innovation und Produktivität
zu heben, muss die Umsetzung des Datenschutzes einfacher und weniger
bürokratisch werden. Die Datenschutzgrundverordnung muss effizienter und
einheitlicher umgesetzt werden – auch um Doppelregulierung und unklare
Zuständigkeiten zu vermeiden. Eine Reform beim Datenschutz hin zu
Einheitlichkeit, Verlässlichkeit und Einfachheit ist nötig, etwa durch die
Bündelung von Zuständigkeiten für bestimmte Sektoren oder Forschung bei
einzelnen Aufsichtsbehörden.
Deutschland braucht schnelles Internet in Stadt und Land. Wir werden bessere
Rahmenbedingungen für den privatwirtschaftlichen Ausbau von Glasfaser und 5G-
Mobilfunk setzen, indem wir Genehmigungsprozesse beschleunigen, alternative
Verlegemethoden erleichtern und Open Access fördern. Für ländliche Gebiete und
strukturschwache Regionen werden wir die staatliche Gigabitförderung erhöhen.
Wir stärken die Rechte von Verbraucher*innen auf schnelles Internet, indem wir
die Mindestbandbreite schrittweise erhöhen und es einfach machen, mangelhaftes
Internet nachzuweisen und einen besseren Zugang zu bekommen.
Für einen Deutschlandfonds und eine Reform der
Schuldenbremse
Wir werden in der Regierung entschlossen die Investitionen in tragfähige
Infrastrukturen nachholen, die unser Land so dringend braucht. Die schwarze Null
im Haushalt wurde mit einem Kredit bei der Zukunftsfähigkeit unseres Landes
erkauft. Wir werden deshalb einen Deutschlandfonds für Bund, Länder und Kommunen
errichten. Daraus werden wir die Schienen bauen, auf denen Züge die Menschen
pünktlich an ihr Ziel bringen, die Kitas und Schulen sanieren, in denen Chancen
für alle entstehen, die Forschung finanzieren, die die Technologien und den
Wohlstand von morgen begründet, und Unternehmen den Raum für Investitionen in
ihre Zukunft ermöglichen.
Der Investitionsstau in Deutschland liegt im dreistelligen Milliardenbereich.
Die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form verhindert Investitionen und andere
Maßnahmen, die unsere stagnierende Volkswirtschaft wieder ankurbeln. Um die
notwendigen Investitionen in Infrastruktur, in die Dekarbonisierung unseres
Landes und in eine starke, zukunftsfähige Wirtschaft zu finanzieren, wollen wir
die Schuldenbremse reformieren. Wir schaffen damit neue finanzielle Spielräume,
die wir angemessen zwischen Bund und Ländern verteilen werden. Zugleich werden
wir sicherstellen, dass die Gesamtverschuldung dauerhaft tragfähig bleibt. Das
raten auch die führenden Wirtschaftsinstitute wie der Internationale
Währungsfonds (IWF), die Bundesbank oder der Sachverständigenrat der
Bundesregierung.
Nachdem die Große Koalition das Land fast zwei Jahrzehnte kaputtgespart hat,
haben wir in der Bundesregierung die Trendwende eingeleitet. Bis zur Umsetzung
einer Reform der Schuldenbremse wollen wir mit dem Deutschlandfonds der jüngeren
Generation ein modernes, funktionierendes und klimaneutrales Land sowie eine
wettbewerbsfähige Volkswirtschaft garantieren, statt ihnen aufgeschobene Lasten
und marode Infrastrukturen zu hinterlassen. Bürger*innen wollen wir ermöglichen,
sich an diesen Investitionen zu beteiligen.
Investitionen in Klima- und Umweltschutz sowie in Verkehrs-, Energie-, Bildungs-
und Forschungsinfrastruktur sowie in die nationale Sicherheit haben für uns
dabei Priorität. Klar ist auch: Bei sogenannten konsumtiven Ausgaben bleibt es
bei den derzeit strikten Regeln. Das bedeutet zum Beispiel: Die energetische
Sanierung des Schulgebäudes kann kreditfinanziert werden, das Gehalt des
Lehrpersonals muss aus dem regulären Etat kommen. So hinterlassen wir der jungen
Generation keine unnötigen Schulden und vermeiden zugleich versteckte Schulden.
Denn auch unterlassene Investitionen sind eine Bürde für die junge Generation.
Der Deutschlandfonds hilft, die Spielräume für dringend notwendige
Zukunftsinvestitionen zu erhöhen. Er ist aber kein Ersatz für die Aufgabe, im
Haushalt stärker zu priorisieren und effizienter mit den vorhandenen Einnahmen
umzugehen. Denn viele wichtige Anliegen wie bessere Bildung oder stärkere
Sicherheit erfordern auch konsumtive Ausgaben. Wir wollen den Haushalt
entlasten, indem wir mehr Geflüchtete und mehr Bürgergeldbezieher*innen in
Arbeit bringen. Zudem wollen wir die Verwaltung durch die weitere
Digitalisierung verschlanken. Und wir wollen insbesondere klima- und
umweltschädliche Subventionen abbauen.
Die Verteilung der Steuern zwischen Bund, Ländern und Kommunen muss den
tatsächlichen Aufgaben und Investitionsbedarfen entsprechen, um gleichwertige
Lebensverhältnisse in allen Landesteilen zu ermöglichen. Das aktuelle System des
Bund-Länder-Finanzausgleichs werden wir in seiner jetzigen Form beibehalten.
C. Ein Klima, in dem wir gut leben können
Für ein stabiles und sicheres Klima
Die Staatengemeinschaft hat sich mit dem Pariser Klimaabkommen darauf
verständigt, die Klimakrise einzudämmen. Alle großen Länder mit hohen
Treibhausgasemissionen haben sich auf diesen Weg gemacht – darauf kommt es an.
Die EU ist nach den USA und China aktuell der drittgrößte Emittent von
klimaschädlichen Emissionen. Es kommt also auch auf unser gemeinsames Handeln
an. Wir haben uns in der EU deshalb gemeinsam auf ein Ziel verpflichtet: Europa
soll bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden.
Mit dem europäischen Green Deal haben wir in den vergangenen drei Jahren große
Fortschritte auf dem Weg zu einem stabilen und sicheren Klima erzielt und
gleichzeitig begonnen, die europäische Wirtschaft und Industrie zu
modernisieren. Das wirkt: Die EU ist auf Kurs, ihre Klimaziele zu erfüllen.
Jetzt braucht die Wirtschaft Planungssicherheit. Der Green Deal und das „Fit for
55“-Paket müssen nun europaweit konsequent und möglichst unbürokratisch
umgesetzt werden. Neuer Aufschieberei und Verwässerung stellen wir uns entgegen.
Deutschland spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Großen Koalitionen hatten
hohe Klimaschutzziele beschlossen, aber keinen Plan und keine Maßnahmen
entwickelt, wie diese Ziele erreicht werden. Wir haben Deutschland und Europa
erstmals auf einen Pfad gebracht, diese Lücke zu schließen. Es hängt vom
entschiedenen Handeln der nächsten Bundesregierung ab, ob sie diese Chance nutzt
und die Ziele auch erreicht.
Die dafür notwendigen Veränderungen sind anspruchsvoll und haben deshalb auch
viele hitzige Diskussionen, Sorgen und Ängste ausgelöst und neue Fragen
aufgeworfen. Es ist klar: Wir müssen noch mehr dafür tun, damit der Weg
verlässlich ist und alle ihn mitgehen können. Wir machen Klimaschutz einfacher
und bezahlbarer und lösen Umsetzungsprobleme pragmatisch. Dabei setzen wir
gezielt verschiedene Instrumente ein – von marktwirtschaftlichen Anreizen wie
dem Emissionshandel über eine gezielte Förderung für Wirtschaft und Haushalte
bis hin zum Ordnungsrecht.
Die Anstrengungen lohnen sich: Die klimaschädlichen Emissionen sinken. Erstmals
ist Deutschland auf einem Kurs hin zum Erreichen der Klimaziele. Es kommt nun
darauf an, diesen Kurs zu halten, um weiterhin Verlässlichkeit und
Planungssicherheit herzustellen und eine Orientierung für die klimaneutrale
Modernisierung unseres ganzen Kontinents zu geben.
Europa muss nach wissenschaftlichem Rat nun bis 2040 seine
Treibhausgasemissionen um 90 Prozent gegenüber 1990 verringern. Dazu braucht es
entschiedene Anstrengungen und einen bedeutenden Beitrag von Deutschland als
größtes Mitgliedsland mit den höchsten Emissionen und einem hohen Wohlstand. Wir
halten deshalb an den rechtlich festgeschriebenen Zielen der Klimaneutralität
2045 und den verbindlichen Zwischenzielen fest. Die Energiewende setzen wir
ebenso fort wie den Umstieg auf das klimaneutrale Heizen.
Der Verkehrsbereich hat den größten Aufholbedarf beim Erreichen der Klimaziele.
Deshalb erhöhen wir die Dynamik, indem wir den Ausbau der Bahn noch weiter
intensivieren und den Umstieg auf E-Mobilität beschleunigen. Um das
sicherzustellen, werden wir, wie rechtlich vorgesehen, das aktuelle
Klimaschutzgesetz evaluieren und entsprechend die Verantwortung von Sektoren
stärken, in denen Klimaschutz zu wenig vorankommt. Würden Ziele verfehlt, drohen
Deutschland teure Strafzahlungen und zukünftig höhere CO2-Preise, beides wollen
wir für öffentliche Haushalte und Bürger*innen vermeiden.
Für sozial gerechten Klimaschutz
Den Weg zur Klimaneutralität gestalten wir als Weg zu einer gerechteren
Gesellschaft: Von einem erschwinglichen und flächendeckend gut ausgebauten
öffentlichen Verkehr profitieren vor allem Menschen, die sich kein Auto leisten
können. Elektromobilität sowie der Fuß- und Radverkehr tragen zu besserer
Luftqualität für alle bei. Gut gedämmte Häuser und klimaneutrale Wärme schützen
die Menschen vor steigenden Heizkosten.
Der Weg zur Klimaneutralität ist also mit vielen Vorteilen verbunden, aber er
bedarf auch großer Investitionen – sei es bei der Installation neuer
Heizungsanlagen, der Wärmedämmung, dem Einbau eines Energiespeichers oder dem
Wechsel zum E-Auto. Investitionen brauchen Planungssicherheit und Vertrauen,
gerade im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Fördermitteln. Dahin wollen wir mit
einer berechenbaren Haushaltspolitik zurück. Viele Menschen werden diese
Investitionen ohne Unterstützung nicht leisten können. Die Finanzierung der
Investitionen zur klimaneutralen Erneuerung ist eine Generationenaufgabe, die
entscheidend für das langfristige menschliche Leben auf diesem Planeten ist und
die deshalb teilweise auch über Kreditaufnahme finanziert werden sollte.
Wir achten besonders darauf, dass alle die notwendige Modernisierung mitgehen
können. Damit klimafreundliche Alternativen für alle Menschen erschwinglich
werden, wollen wir in Zukunft Förderprogramme weiter ausbauen und durch soziale
Staffelung insbesondere auf Menschen mit geringen und mittleren Einkommen
zuschneiden. Erste Schritte in diese Richtung haben wir bereits unternommen, zum
Beispiel mit den sozial ausgestalteten Förderprogrammen für die Modernisierung
von Heizungssystemen und bei der Sanierung von Wohnungen und Häusern. Auch den
Umstieg auf die E-Mobilität wollen wir für Menschen mit kleinen und mittleren
Einkommen fördern, gerade im ländlichen Raum. Dazu schlagen wir eine staatliche
Unterstützung beim Erwerb eines verbrauchsarmen E-Autos vor, welches zusätzlich
die europäische Automobilwirtschaft unterstützt. Sie besteht aus einer Ladekarte
für das Tanken an öffentlichen Ladesäulen, einer steuerlichen Förderung für
kleine und mittlere Einkommen und einem Social-Leasing-Programm. Zudem beenden
wir überzogene Preise an Ladesäulen durch scharfe Anwendung des EU-Rechts und
stärken den Verbraucherschutz, sodass Strom und Wärme durch mehr Wettbewerb
bezahlbarer werden.
Wir geben ein Sicherheitsversprechen: Alle Menschen mit niedrigen und mittleren
Einkommen bekommen zum Ausgleich einen Großteil der Einnahmen der CO2-Bepreisung
von Gebäudewärme und Transport als Klimageld zurück. Das Klimageld soll in der
nächsten Legislatur so schnell wie möglich eingeführt werden und dann direkt und
ohne vorherige Beantragung auf das Konto eingehen. Mieter*innen wollen wir
dauerhaft und verlässlich davor schützen, dass die CO2-Kosten einseitig auf sie
umgewälzt werden.
Derzeit subventioniert der Staat klimaschädliches Verhalten. Das werden wir
schrittweise abbauen und die frei werdenden finanziellen Mittel für den sozialen
Ausgleich und Klimaschutz verwenden. Betroffene werden wir bei der Anpassung
unterstützen, auf soziale Ausgewogenheit achten und Planungssicherheit geben.
Als ersten Schritt werden wir das Dienstwagenprivileg so reformieren, damit es
noch deutlichere Anreize für klimaneutrale Mobilität setzt.
Die Klimakrise und damit verbundene Extremwetter wie Überschwemmungen oder
Dürren führen zu immer größeren Schäden. Zugleich machen Ölkonzerne, die
maßgeblich für die weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind, weiter
gigantische Gewinne. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Verschmutzer
einen Beitrag zum Ausgleich der Kosten der Klimakrise leisten und Bürger*innen,
Landwirt*innen und Unternehmen nicht mit immer größeren Schäden allein dastehen.
Auch in Deutschland gilt für uns ganz klar das Verursacherprinzip. Das bedeutet,
dass beispielsweise die Folgekosten des Kohlebergbaus nicht auf die
Allgemeinheit fallen dürfen.
Weltweit und bei uns zu Hause: Es sind die Ärmsten, die am stärksten unter den
Folgen einer eskalierenden Klimakrise leiden. Die Klimakrise ist ein
Beschleuniger von Ungleichheit, dem stellen wir uns mit sozial gerechter
Klimapolitik und unserem internationalen Einsatz für Klimagerechtigkeit
entgegen.
Für günstige, verlässliche und klimaneutrale Energie
Günstiger Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne, Wasserkraft,
Geothermie und naturverträgliche Bioenergie sichert unseren Wohlstand. Er ist
auch die Grundlage für ein bezahlbares Leben, denn Wärme und Mobilität werden
zunehmend elektrisch. Wir halten Kurs beim erreichten Rekord-Ausbautempo und
bauen die Infrastruktur so aus, dass der günstige Strom bei Menschen und
Unternehmen ankommt.
Die vergangenen Jahre sind wir auf diesem Weg einen riesigen Schritt
vorangekommen: 2024 kamen circa 60 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren
Quellen, 2021 waren es erst 40 Prozent. Bis 2030 wollen wir 80 Prozent
erreichen; 2035 wird der Strom komplett klimaneutral hergestellt.
Eigentümer*innen, Mieter*innen, Unternehmen und Kommunen sollen ohne große
bürokratische Hürden eigene Energie nutzen oder an Energieprojekten teilhaben
können. Dazu werden wir auch in Zukunft dezentrale Erzeuger von Solar- und
Windenergie sowie Speicher, Elektrolyseure durch konsequenten Bürokratieabbau,
Planungssicherheit und rentable Geschäftsmodelle unterstützen. Mit Energy
Sharing werden wir es möglich machen, günstig erzeugten erneuerbaren Strom noch
einfacher gemeinschaftlich und kommunal zu teilen.
Erneuerbare Energien liefern enorm günstig, aber nicht gleichmäßig Strom. Daher
müssen wir Angebot und Nachfrage optimal und möglichst dezentral aufeinander
abstimmen. Dies erreichen wir durch kosteneffizienten Netzausbau und bessere
Netznutzung, dezentrale Preissignale ohne eine Aufteilung der Gebotszone,
Speichern aller Arten, eine neue Generation von wasserstofffähigen und flexibel
einsetzbaren Kraftwerken und die effiziente Ausnutzung der enormen
Flexibilitätspotenziale von Industrie, Gewerbe, Verkehr und privaten
Verbraucher*innen. Wir setzen uns für einen leistungsfähigen europäischen
Strombinnenmarkt ein und bauen die Stromnetze zu unseren europäischen Nachbarn
aus. Außerdem setzen wir auf die konsequente Digitalisierung des Energiesektors.
Mit digitalen und flexiblen Stromnetzen und dynamischen Stromtarifen werden
künftig die Bürger*innen in die Lage versetzt, in Zeiten von viel Wind und Sonne
den Strom per Batterie oder Wärmepumpe systemdienlich zu speichern, die
Waschmaschine laufen oder das E-Auto laden zu lassen. Damit kann jede und jeder
Geld sparen und von den Vorteilen der erneuerbaren Stromwelt direkt profitieren.
Zugleich sinken die Kosten im Gesamtsystem.
Notwendig sind dazu auch neue Regeln, wie unser Strommarkt funktioniert.
Langfristige Sicherheit für Investitionen in Kraftwerke, zum Beispiel im Rahmen
von Kapazitätsmärkten, müssen mit intelligenten kurzfristigen Anreizen zum
effizienten Stromverbrauch einhergehen. Damit ermöglichen wir einen zunehmend
sich selbst tragenden Ausbau von Sonne, Wind und Speichern sowie sonstiger
Infrastruktur und entlasten Strompreise und Bundeshaushalt.
Gerade weil der Umbau zum klimaneutralen Stromsystem hohe Investitionen
erfordert, achten wir besonders auf die Kosten. Wir senken die
Finanzierungskosten durch langfristig sichere Rahmenbedingungen, Garantien und
intelligente Regulierung. Für neu zu planende Hochspannungsgleichstromleitungen
werden wir die einfacheren Freileitungen wieder zum Standard machen und
Erdverkabelung nur noch bei besonderen örtlichen Erfordernissen nutzen. Wir
setzen zugleich den Weg fort, die Kosten nicht umzulegen, sondern anders zu
finanzieren und Strom damit für Verbraucher*innen und Unternehmen billiger zu
machen. Die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde für die
Verbraucher*innen bereits abgeschafft und wird nun vollständig aus dem Haushalt
finanziert. Im nächsten Schritt senken wir die Stromsteuer auf das europäische
Mindestmaß. Zudem reformieren wir die Finanzierung des Netzausbaus, um die
Netzentgelte zu senken.
Fossile Energieerzeugung ist ein Auslaufmodell. Gerade damit die Kohleregionen
Planungssicherheit haben und der Strukturwandel geordnet unterstützt werden
kann, halten wir daran fest, alle verbliebenen Kohlekraftwerke ab 2030 nicht
mehr zu befeuern. Wir stehen für eine endgültige Absage an die Gasförderung in
ganz Deutschland – an Land wie auf dem Meer. Eine Rückkehr zur Atomkraft ist
weder für das Erreichen der Klimaziele noch für die Versorgungssicherheit
notwendig – zudem scheiden neue Atomkraftwerke wegen der extrem langen Planungs-
und Bauzeiten, der hohen finanziellen Risiken und der Ewigkeitskosten als
realistische Option ohnehin aus. Der lange geplante und parteiübergreifend
beschlossene Atomausstieg hat unser Land sicherer gemacht. Die Suche eines
verlässlichen Endlagers bleibt eine Herausforderung, der sich das ganze Land
stellen muss.
Für verlässliche und bezahlbare Wärme
Der Einstieg in eine verlässliche und klimafreundliche Wärme ist jahrelang
verschlafen worden. Jetzt sind die Weichen richtig gestellt. In den nächsten
Jahren wollen wir gemeinsam mit den Kommunen den Weg dafür ebnen, allen Menschen
den schrittweisen Umstieg auf klimafreundliches und bezahlbares Heizen zu
ermöglichen.
Wir geben mit dem bestehenden Gebäudeenergiegesetz und einer Förderung von bis
zu 70 Prozent für den Einbau von fossilfreien Heizungen den
Eigenheimbesitzer*innen, der Wirtschaft sowie den Mieter*innen und
Vermieter*innen die nötige Planungssicherheit für Kauf und Einbau einer modernen
klimafreundlichen Heizung, wie der Wärmepumpe, bis 2045. Die Unterstützung auf
diesem Weg werden wir ausbauen. Ebenso ausbauen werden wir die Energieberatung.
Zudem wollen wir die Klimakomponente im Wohngeld weiter stärken.
Wärmenetze sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu klimafreundlicher und
bezahlbarer Wärme für alle. Vor allem in dicht besiedelten Gebieten können sie
dazu beitragen, viele Häuser gleichzeitig mit klimafreundlicher Wärme zu
versorgen. Den Aus- und Umbau von Wärmenetzen wollen wir mit der Verlängerung
und Stärkung der Förderung für effiziente Wärmenetze (BEW) absichern,
Genehmigungsprozesse optimieren und durch eine Senkung der Stromkosten auch die
Erzeugung von klimafreundlicher Wärme bei den Energieerzeugern vor Ort stärken.
Ein gleichzeitig starker Verbraucherschutz ist dafür Voraussetzung. Durch die
Einführung einer Preisaufsicht wollen wir den Verbraucherschutz bei der
Fernwärme, die vor allem von Mietshaushalten bezogen wird, weiter stärken.
Mögliche Preisanstiege bei der Fernwärme wollen wir analog zu den Regelungen im
Gebäudeenergiegesetz begrenzen. Außerdem werden wir privates Kapital für den
Ausbau der Wärmenetze aktivieren und die Finanzierungskosten durch öffentliche
Bürgschaften senken.
Die Wärmewende kann sich auf eine Vielzahl von Technologien stützen.
Entscheidend ist für uns jedoch, dass sich Verbraucher*innen auf
Klimafreundlichkeit, Verlässlichkeit und Bezahlbarkeit verlassen können und sie
nicht mit falschen Versprechen in Heiztechnologien investieren, mit denen sie
einige Jahre später in der Kostenfalle landen.
Für vorsorgende Anpassungen an ein verändertes Klima
Dürren und Hitzeperioden, Waldbrände, Überschwemmungen und Starkregen kosten
Menschenleben, zerstören Wohnhäuser, Straßen und Brücken, schädigen die
Landwirtschaft und unsere Lebensmittelerzeugung. Indem wir unser Wirtschaften
und Leben klimaneutral gestalten, bekämpfen wir ihre Ursachen. Aber im Angesicht
der sich verschärfenden Auswirkungen der Klimakrise müssen wir weitaus stärker
Vorsorge leisten. Wie groß die Schäden durch die Klimakrise sind, hängt auch
davon ab, wie gut wir uns darauf vorbereitet haben. Die Anpassung an die
Klimakrise ist deshalb eine gesellschaftliche, ökonomische und soziale
Kernaufgabe der kommenden Jahre und Jahrzehnte.
Mit dem Klimaanpassungsgesetz haben wir Bund, Länder und Kommunen in Deutschland
verpflichtet, diese Aufgabe anzugehen. Die Kommunen tragen die Hauptlast der
Anpassungen, die uns als gesamte Gesellschaft betreffen. Deswegen wollen wir
Klimavorsorge zur Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern machen und mehr
Bundesmittel für die Anpassung bereitstellen.
Die vernichtende Ahrtalflut 2021 oder die zerstörerischen Fluten in Osteuropa
2024 führen uns vor Augen, wie verletzlich unsere Gesellschaft besonders
angesichts von Hochwasserkatastrophen ist. Deshalb werden wir den
Hochwasserschutz zusammen mit den Ländern verbessern. Zusätzlich brauchen wir
Investitionen in natürliche Überschwemmungsräume wie Auenwälder oder
Erlenbrüche. Flüsse und ihre natürlichen Auen werden wir im Interesse des
Hochwasserschutzes stärken und ihnen, wo immer möglich, durch Renaturierungen
mehr Raum geben. Wir brauchen aber auch Hochwasserschutzanlagen wie starke
Deiche, funktionierende Rückhaltesysteme und einen gut ausgestatteten
Katastrophenschutz. Den Versicherungsschutz gegen Elementarschäden werden wir
sozialverträglich ausweiten.
Besonders die Menschen in dicht bebauten Städten müssen besser vor Hitzewellen
und Starkregen geschützt werden. Dafür sorgen wir mit mehr Bodenentsiegelung,
Frischluftschneisen, Gebäudebegrünung, Stadtgrün, Wasserflächen und öffentlichen
Trinkbrunnen. Als Schwammstädte sollen sie künftig mehr Wasser aufnehmen,
speichern und im Sommer kühlend wirken.
D. Eine mobile Gesellschaft – Stadt und Land
zusammen
Für schnelles, nachhaltiges und sicheres Fortkommen
Schienen, Straßen und Brücken sind Lebensadern unseres Landes, doch sie wurden
über Jahrzehnte auf Verschleiß gefahren. Die Folgen spüren wir alle in unserem
Alltag: verspätete Züge, Umwege und Staus. Das ist ein Schaden für Menschen,
Wirtschaft und Umwelt. Zugleich ist unser Verkehrssystem noch weit davon
entfernt, seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele zu leisten. Das ändern wir
durch ein leistungsfähiges Angebot an Bussen und Bahnen und mit dem klaren
Signal hin zur klimafreundlichen E-Mobilität.
Wir wollen die Mobilität für alle verbessern. Wir brauchen eine Grundsanierung
unserer Verkehrsinfrastruktur. Planungs- und Genehmigungsverfahren haben wir
stark beschleunigt. Jetzt gilt es, das mit dem Deutschlandfonds verlässlich zu
finanzieren und so Wirklichkeit werden zu lassen, dass der Verkehrssektor seine
Klimaziele erfüllen kann. Während unser Schienennetz deutschlandweit einen
deutlichen Ausbau braucht, ist das Straßennetz bereits flächendeckend gut
ausgebaut und benötigt daher Sanierungen statt Neubau. Dazu wollen wir einen
integrierten Bundesmobilitätsplan erarbeiten, der Basis für eine klimaneutrale
und flächenschonende Mobilität bis zum Jahr 2045 ist. Verkehrswege wollen wir
erhalten und sanieren, das Schienennetz massiv ausbauen, stillgelegte
Bahntrassen – gerade in den ländlichen Räumen – reaktivieren und modernisieren
und ein bundesweites Netz von Radschnellwegen finanzieren.
Um den Luft- und Schiffsverkehr klimaneutral zu modernisieren, unterstützen wir
die Produktion nachhaltiger Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien, zum Beispiel
E-Kerosin, fördern Technologien zur Kraftstoffeinsparung und den schnellen
Aufbau einer klimaneutralen Energieversorgung in Häfen, insbesondere einer
klimaneutralen Landstromversorgung. Inlandsflüge wollen wir durch eine
Verbesserung der Bahn überflüssig machen.
Wir wollen, dass alle in Stadt und Land günstig, sicher und klimafreundlich
unterwegs sein können, egal mit welchem Verkehrsmittel. Mobil auf dem Land setzt
vielerorts ein eigenes Auto voraus. Wir wollen den öffentlichen Verkehr so
entwickeln, dass er auch auf dem Land eine alltagstaugliche Alternative zum Auto
wird. Rufbusse und andere Konzepte wie digital vernetzte Kleinbusse können den
Taktverkehr in der Fläche ergänzen. Bis zur nächsten Bundestagswahl wollen wir,
dass dies exemplarisch in mindestens zehn Landkreisen Wirklichkeit wird.
Wir wollen, dass ein funktionierendes Miteinander im Verkehr gelingt und alle
sicher an ihr Ziel kommen. Das ist nur erreichbar, wenn überhöhte
Geschwindigkeiten reduziert werden. In der Regierung haben wir mit der Reform
des Straßenverkehrsrechts für Kommunen in einem ersten Schritt die Chance
geschaffen, leichter Tempo 30 anzuordnen und den Fuß- und Radverkehr zu stärken.
Als einziges Land weltweit erlaubt Deutschland das unbegrenzte Rasen auf
Autobahnen – zum Schaden von Menschenleben und Umwelt. Ein Sicherheitstempo von
130 km/h auf Autobahnen als generelles Tempolimit ist deshalb überfällig. Den
Bußgeldkatalog für schwere Verkehrsverstöße wollen wir auf europäisches Niveau
bringen.
Um Verkehrsräume attraktiver zu gestalten, Barrierefreiheit auszuweiten und die
Verkehrssicherheit insbesondere von Schulwegen zu erhöhen, wollen wir Stadtumbau
stärker fördern und veraltete Regelwerke erneuern. Unser Leitbild dabei ist die
Vision Zero, also eine komplette Vermeidung von Verkehrstoten.
Für eine verlässliche und bezahlbare Bahn
Mit dem Deutschlandticket haben wir den Tarifdschungel im öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) gelichtet, Millionen von Kund*innen entlastet und ein
attraktives Angebot entwickelt: Bus und Bahn im Nahverkehr sind heute so günstig
wie nie zuvor. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortschreiben und das
Deutschlandticket weiter zu einem günstigen Preis für alle anbieten. Unser Ziel
ist, gemeinsam mit den Ländern einen Ticketpreis von 49 Euro sicherzustellen.
Wir begrüßen es, wenn Länder und Tarifverbünde Regelungen treffen, um junge
Menschen kostenlos oder stark vergünstigt den ÖPNV nutzen zu lassen. Solche
Angebote wollen wir bundesweit ausbauen.
Wir werden das Nahverkehrsangebot in Deutschland weiter verbessern, um die
Fahrgastzahlen in klimaneutralen Bussen und Bahnen bis 2040 zu verdoppeln.
Bundesmittel wollen wir zusammen mit höheren Ausgaben der Länder und Kommunen
für den Nahverkehr weiter steigern. Der öffentliche Nahverkehr soll
mittelfristig im ganzen Land ein alltagstaugliches Angebot mit verlässlichen
Taktverkehren garantieren. Unser mittelfristiges Ziel ist, alle Dörfer in der
Zeit von 6 bis 22 Uhr mindestens einmal pro Stunde anzubinden.
Deutschland soll ein Bahnland werden, in dem man seine Wege preiswert, bequem
und klimaneutral zurücklegen kann. Hier bleibt viel zu tun, aber der Anfang ist
gemacht: Immer mehr Menschen fahren Bahn, Takte werden verbessert und neue Züge
eingesetzt. Unser Ziel ist der Deutschlandtakt, der Städte und Regionen
regelmäßig und verlässlich miteinander verbindet. Das Schienennetz, das wir
marode vorgefunden haben, werden wir weiter mit Hochdruck sanieren und im
erforderlichen Maß ausbauen. Auch für den Schienengüterverkehr wollen wir
Kapazitäten, zum Beispiel im Kombiverkehr, ausbauen und die Verlagerung von
Straßentransport auf die Schiene fördern.
Für gleichwertige Lebensverhältnisse
In den ländlichen Regionen ruht viel Kraft unseres Landes. In manchen haben
Unternehmen Firmensitze, die Weltmarktführer sind, andere sind geprägt durch
einzigartige Naturschätze. Sie alle haben eine eigene regionale Kultur und
lokale Traditionen. Es gilt ihre Vielfalt zu schützen und die Gleichwertigkeit
der Lebensverhältnisse zu verbessern.
Damit sich Eigeninitiative, Unternehmergeist und Tatkraft voll entfalten können,
braucht es eine zeitgemäße Infrastruktur in jedem Dorf, im ganzen Land. Mit
erneuerbaren Energien und Klimaschutz lassen sich vor Ort schwarze Zahlen
schreiben. Die Kommunen verdienen an der Energieerzeugung vor Ort aus Wind und
Sonne mit und gewinnen damit eigene finanzielle Spielräume. Sie entscheiden
selbst, ob das Schwimmbad saniert oder das Gemeindezentrum erweitert wird. Eine
digitale Infrastruktur auf der Höhe der Zeit ist unverzichtbar für
wirtschaftliche Innovation – genauso wie für gesellschaftliche Teilhabe. Und das
heißt: Glasfaser in Stadt und Land und Mobilfunk ohne Funklöcher. Mit digitalen
Standards können regionale Wirtschaftskreisläufe verbunden und gestärkt werden.
Jede und jeder muss sich überall in unserem Land auf eine gute und erreichbare
medizinische Versorgung verlassen können. Kommunale Gesundheitszentren, in denen
Ärzt*innen, Pflegekräfte und Therapeut*innen unter einem Dach arbeiten, können
in vielen Regionen das Angebot verstärken. Lebendige Ortskerne und offene
Gemeindezentren sind oft die Voraussetzung für ehrenamtliches Engagement und
Stärkung des Zusammenlebens. Lebendige Regionen entstehen durch passende
Rahmenbedingungen für das Zusammenleben und gute Infrastruktur – auch für junge
Familien und ältere Menschen. Sie wollen wir unterstützen und fördern.
E. Eine Natur, die wir schützen
Für eine intakte Natur
Indem wir die Natur wiederherstellen und schützen, schützen wir uns selbst:
heute und in Zukunft. Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sind wir
diese Aufgabe kraftvoll angegangen und haben die Naturschutzfinanzierung in
Deutschland vervielfacht. Das wollen wir verstetigen, erweitern und inhaltlich
fortentwickeln und damit die Mittel für den natürlichen Klimaschutz über 2028
hinaus anwachsen lassen.
Europäisch ist ein Meilenstein gelungen: ein Gesetz zur Wiederherstellung der
Natur. Das werden wir bis 2030 auf 20 Prozent der Fläche an Land und im Meer
umsetzen. Dafür werden wir Flächen für die Wiederherstellung von Natur
gesetzlich garantiert zur Verfügung stellen, denn auch sie liegen in einem
überragenden gesellschaftlichen Interesse. Dazu wollen wir einen Schub für den
Naturschutz: wirksame Maßnahmen gegen weiteren Flächenverbrauch, unbürokratische
und schnellere Ausweisung von Naturschutzgebieten und zusammenhängende
Biotopverbünde und Großschutzgebiete nach dem Vorbild des ostdeutschen
Großschutzgebietsprogramms nach der Wende. Frei fließende Flüsse, naturnahe
Bäche und wilde Weiden nehmen dabei eine zentrale Rolle ein und müssen – wo
immer möglich – erhalten bleiben oder wiederhergestellt werden. Den
unnatürlichen Ausbau der Flüsse, wie er zum Beispiel an der Mittelelbe oder im
Odertal geplant ist, lehnen wir ab.
Unsere Verantwortung für besonders typische Lebensräume wie das Wattenmeer,
Buchenwälder und Streuobstbestände sowie für besonders bedrohte Arten wie die
Wildkatze oder den Feuersalamander werden wir durch Artenhilfsprogramme und
besondere Schutzmaßnahmen wahrnehmen. Den Bundesnaturschutzfonds werden wir
weiter stärken.
Um dies alles umzusetzen, braucht es mehr Unterstützung für die
Zivilgesellschaft, insbesondere in ländlichen Räumen. Denn der Erfolg des
Aktionsprogramms zeigt: Die Menschen und die Kommunen wollen mehr Natur – es
sind die Engagierten und Organisationen vor Ort, die sehr oft der Motor des
Natur- und Artenschutzes sind.
Die Staatengemeinschaft hat vor zwei Jahren in Montreal eine globale
Vereinbarung für den Schutz der Natur und Artenvielfalt mit ambitionierten
Zielen beschlossen – das ist auch für uns ein klarer Auftrag, für den Erhalt und
die Wiederherstellung intakter Ökosysteme zu arbeiten. Mit einer verbindlichen
Nationalen Biodiversitätsstrategie werden wir diese Ziele national umsetzen.
Dort, wo wir durch den Artenschutz bereits nachhaltige Erfolge erzielt haben,
sind wir auch offen für pragmatische Herangehensweisen, um existierenden
Zielkonflikten gerecht zu werden. Indem wir beispielsweise beim Wolf die Regeln
für Abschüsse in problematischen Fällen vereinfacht haben, erhöhen wir die
Akzeptanz des Artenschutzes als Ganzes.
Unsere Wälder sind wichtig für die Artenvielfalt und Verbündete beim
Klimaschutz. Gleichzeitig sind sie Erholungsraum und Grundlage für die
forstwirtschaftliche Nutzung. Aber wir erleben ein zweites Waldsterben.
Klimawandel, Trockenheit und Schädlingsbefall haben inzwischen dazu geführt,
dass Wälder mehr CO2 emittieren als senken. Wir werden deshalb naturnahe Wälder
mit heimischen und standortgerechten Baumarten erhalten und wiederherstellen. Um
das Ökosystem Wald zu erhalten, setzen wir auf ein modernes Bundeswaldgesetz,
das natur- und klimaverträgliche Holznutzung zum Standard macht.
Für eine gesunde Umwelt
Die zunehmende Verschmutzung und Vermüllung ist neben der Klima- und
Biodiversitätskrise die dritte große Herausforderung für den Schutz unserer
natürlichen Lebensgrundlagen. Mit sauberen Böden, frischer Luft und
Rückzugsorten, an denen man auch mal seine Ruhe genießen kann, sorgen wir für
mehr Lebensqualität. Ob dreckige Luft oder Lärm, wir wollen die Leitlinien der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum gesetzlichen Maßstab für ein gesundes
Leben in Deutschland und Europa machen. Durch einen stärker vorsorgenden Ansatz
bringen wir den Schutz unserer Böden ins 21. Jahrhundert. Dies bedeutet weniger
giftige Rückstände im Boden und einen insgesamt rücksichtsvolleren Umgang aller
Nutzer*innen, um die Kraft unserer Böden zu entfesseln.
Unser Ziel ist es, den Verpackungsmüll wirksam zu reduzieren und die Vermüllung
von Landschaft und Gewässern zu stoppen. Kunststoffhersteller werden wir stärker
an den Umweltkosten ihrer Produkte beteiligen. Spätestens ab 2045 soll kein
vermeidbarer Verpackungsmüll mehr anfallen.
Bei der Reform des europäischen Instruments für die Sicherheit von Chemikalien
(REACH-Regelung) wollen wir schneller vorankommen. Wir unterstützen einen
risikobasierten Ansatz, der die Wechselwirkungen der Chemikalien berücksichtigt.
Wichtig sind uns dabei die Beschleunigung der Verfahren und die Verbesserung der
Sanktionsmöglichkeiten. Stoffe, die Mensch und Ökosysteme dauerhaft schädigen,
wie die sogenannten Ewigkeitschemikalien nehmen wir besonders in den Blick.
Überall dort, wo sie gut ersetzt werden können und insbesondere in
verbrauchernahen Produkten, wollen wir aus ihrer Verwendung rasch aussteigen.
Für die Folgen der Verschmutzung von Wasser sollen die Verschmutzer aufkommen.
Dafür wollen wir die Hersteller von wassergefährdenden Stoffen stärker in die
Verantwortung nehmen. Der Vermüllung von Flüssen und Meeren wollen wir durch
Abwassermanagement entgegentreten, Nährstoffeinträge reduzieren und die
Verhandlungen für ein internationales Plastikabkommen erfolgreich abschließen.
Meere schützen wir auch durch ein Ende der Öl- und Gasförderung in Nord- und
Ostsee bis 2035. Wir wollen Technik fördern, die eine Bergung der
Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee und ein umweltverträgliches Abfischen von
Müll aus dem Meer ermöglicht.
Für sauberes Wasser und lebendige Meere
Sauberes Wasser ist zentral für unsere Gesundheit, unsere Lebensqualität und das
Funktionieren unserer Ökosysteme. Verschmutzung und die Klimakrise bedrohen
unsere Wasserressourcen. Wir sorgen dafür, dass wir weiterhin sauberes
Trinkwasser haben, dass die Landwirtschaft versorgt wird und unsere Flüsse, Seen
und Meere intakt bleiben.
Mit der Nationalen Wasserstrategie haben wir einen Masterplan vorgelegt, wie wir
diese Ziele erreichen. Wir wollen die finanziellen und personellen Bedingungen
schaffen, damit wir sie – gemeinsam mit den Ländern, aber auch über unsere
Landesgrenzen hinaus – effektiv umsetzen können.
Wir wollen den natürlichen Wasserhaushalt wiederherstellen. Dafür wollen wir
Städte und Landschaften so nutzen und gestalten, dass sie Wasser aufnehmen,
speichern und bei Bedarf wieder abgeben können. Durch faire Entgelte, besonders
für intensive Nutzer, wollen wir die Nutzung lenken und Unternehmen zum
Wassersparen anregen.
Die verletzlichen Ökosysteme unserer Meere brauchen besonderen Schutz – deshalb
entwickeln wir eine ambitionierte Meeresstrategie und schaffen damit echte
Rückzugsgebiete für Fischschwärme und Meeressäuger. In einem Zehntel der
deutschen Nord- und Ostsee soll die Natur völlig unberührt bleiben, während neue
Schutzregeln auch in den übrigen Gewässern das Leben im Meer bewahren. Weltweit
setzen wir uns weiter für ein Moratorium beim Tiefseebergbau ein. Die Einnahmen
aus dem Verkauf von Meeresflächen für Windkraftanlagen sollen auch künftig
direkt in den Meeresschutz fließen – so verbinden wir umweltfreundliche
Stromerzeugung mit dem Schutz der Meere.
Wir fühlen uns dem Schutz des Wattenmeers besonders verpflichtet. Das Wattenmeer
ist eines der bioproduktivsten Ökosysteme weltweit. Es ist nicht nur Lebensraum
für Schweinswale und Robben, sondern auch eine unersetzliche Nahrungsquelle für
zahlreiche Zugvögel und Fischpopulationen. Dieser Schatz der Natur darf durch
Gasbohrungen um Borkum nicht zerstört werden.
F. Eine zukunftsfeste Landwirtschaft
Für starke Landwirtinnen und Landwirte
Um die Ernährungssicherheit langfristig zu gewährleisten, braucht es krisenfeste
Betriebe, die sich auf die Veränderungen einstellen können und ein verlässlicher
Partner beim Schutz der natürlichen Grundlagen sind. Auf dem Weg zu einer
zukunftsfesten Landwirtschaft setzen wir auf den Einsatz, den Unternehmergeist
und das Wissen der Landwirt*innen.
Die Landwirtschaft bekommt große finanzielle Unterstützung, insbesondere die
Gelder aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Sie muss die finanzielle Basis
für den Schutz der natürlichen Grundlagen werden. Für die anstehende
Neugestaltung ab 2027 gilt für uns: öffentliche Gelder für öffentliche
Leistungen.
Die Wettbewerbsposition von Landwirt*innen gegenüber anderen Akteuren der
Wertschöpfungskette soll gestärkt werden. Deswegen führen wir das Gebot des
Kaufs zu kostendeckenden Preisen entlang der gesamten Lebensmittelkette ein und
verankern verbindliche schriftliche Verträge im Agrarorganisationen- und
Lieferkettengesetz. Wir wollen eine kartellrechtliche Prüfung, um auch im
oligopolen Lebensmittelhandel faire Erzeugerpreise und Wettbewerb zu sichern.
Die Wiedervernässung von Mooren ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Wir
werden die Rahmenbedingungen deshalb so gestalten, dass landwirtschaftliche
Flächen durch die Wiedervernässung an wirtschaftlicher Attraktivität gewinnen.
Zusätzliche Verdienstmöglichkeiten für die Landwirt*innen treiben wir etwa durch
den Ausbau von Agri-Photovoltaik sowie die Stärkung von Hanf und auch Schilf als
Dämmung im Bausektor voran. Und wir unterstützen Betriebe dabei, in neuen
innovativen Märkten wie alternative und pflanzliche Proteine Fuß zu fassen.
Für die Tierhalter in Deutschland braucht es eine Antwort auf die veränderten
Konsumgewohnheiten und den stetig sinkenden Fleischkonsum, der sich aus
tierethischen, gesundheits-, umwelt- und klimapolitischen Gründen vollzieht.
Eine gute Prämisse sowohl im Sinne von Unternehmen als auch Tieren ist: weniger
Tiere besser halten. Dafür haben wir den Umbau der Ställe für Schweine hin zu
einer tiergerechten Haltung so stark gefördert wie keine Bundesregierung zuvor.
Wir setzen uns dafür ein, dass es auch in der nächsten Legislatur dafür
ausreichend Mittel gibt, um die Lebensbedingungen für alle Tierarten zu
verbessern. Wir haben die Haltungskennzeichnung für Schweinefleisch eingeführt
und ermöglichen Verbraucher*innen damit eine bewusste Kaufentscheidung. Diese
Kennzeichnung werden wir auch auf die anderen Tierarten und die Außer-Haus-
Verpflegung ausweiten. Kleine Gastronomiebetriebe werden wir ausnehmen.
Auch regionale Produkte sind bei immer mehr Verbraucher*innen gefragt. Deshalb
wollen wir landwirtschaftliche Betriebe mit dem regionalen Lebensmittelhandwerk
zusammenbringen – beispielsweise mit der Förderung regionaler
Wertschöpfungsketten.
Für die natürlichen Grundlagen unserer Ernährung
Die Auswirkungen der Klimaerhitzung, des Insektensterbens und unseres Umgangs
mit gesunden Böden sind zentrale Herausforderungen für unsere
Ernährungssicherheit. Zukunftsfeste Landwirtschaft stellt sich diesen
Herausforderungen. Dafür braucht es neben mehr Wertschätzung auch genügend
Wertschöpfung. Unnötige Bürokratie werden wir aktiv abbauen, ohne notwendige
Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz abzubauen.
Dafür braucht es einen möglichst sparsamen und bedachten Einsatz von Pestiziden
und Düngemitteln. Der Pestizideinsatz soll EU-weit bis 2030 halbiert werden, um
die EU-Farm-to-Fork-Strategie umzusetzen. Wir setzen hier auf Innovation,
Digitalisierung sowie einkommenswirksame Honorierungen von Umweltleistungen. Und
wir setzen auf marktwirtschaftliche Lösungen wie eine Pestizidabgabe, die
wirksam und unbürokratisch ist. Außerdem schaffen wir genügend geschützte
Rückzugsräume für die Natur. Wir bringen Agroforstsysteme raus aus der Nische
und rein in die Fläche. Wir unterstützen die Landwirt*innen dabei, hier Bäume
und Ackerkultur zu kombinieren. Damit leisten sie einen Beitrag zum Schutz der
Böden und Artenvielfalt.
Eine wichtige Rolle beim Schutz der natürlichen Grundlagen spielt die
ökologische Landwirtschaft. Naturschonende Erzeugungsformen müssen einen Vorteil
gegenüber Produktionsweisen haben, die starke Umweltfolgen nach sich ziehen. Wir
unterstützen sie daher und arbeiten deshalb weiter an dem Ziel 30 Prozent
Ökolandbau bis 2030.
Wir brauchen auch einen sorgsameren Umgang mit wertvollen Agrarflächen. Dafür
führen wir im Planungsrecht Vorrangflächen für die Nahrungsmittelproduktion ein.
Bei der Biomasse setzen wir auf die sorgsame Kaskaden- und Mehrfachnutzung.
Übernutzte und geschädigte Böden gefährden eine gesunde Ernährung. Sie speichern
weniger Wasser und verlieren relevante Nährstoffe. Dem wollen wir durch ein
neues Bodenschutzgesetz vorbeugen.
Für gute Ernährung
Jede und jeder kann selbst entscheiden, was er oder sie essen möchte. Aber nicht
alle können sich so ernähren, wie sie gern würden. Das ist auch eine soziale
Frage: Dort, wo Menschen sozial benachteiligt werden, sind ernährungsbedingte
Krankheiten besonders häufig. Deshalb wollen wir die Rahmenbedingungen so
gestalten, dass die Wahlfreiheit bei der Ernährung verbessert wird.
Dafür bauen wir auf die Ernährungsstrategie der Bundesregierung „Gutes Essen für
Deutschland“ auf und schaffen eine bessere Ernährungsumgebung. Ein besonderes
Augenmerk legen wir dabei auf die Gemeinschaftsverpflegung – von Kitas über
Kantinen bis Pflegeeinrichtungen. Außerdem werden wir Kinder vor Werbung für
ungesunde Lebensmittel schützen und Geschmacksaromen für E-Zigaretten, die
besonders junge Menschen zum Konsum verleiten, vom Markt verbannen. Zudem tragen
stark zuckerhaltige Softdrinks wesentlich zu Übergewicht, Adipositas und
Folgeerkrankungen bei. Gerade im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes setzen wir
uns für wirksame Maßnahmen zum Senken des Zuckergehalts von Softdrinks ein.
Und wir werden weiter daran arbeiten, dass immer weniger Lebensmittel, die noch
gut sind, weggeschmissen werden. Wir wollen deshalb, dass die Rettung und
Weitergabe von Lebensmitteln Standard wird.
Für einen verbesserten Tierschutz
Tierschutz ist für uns eine Frage der Haltung. Die Tiere, die wir nutzen,
schlachten und essen, sollen keine Qualen erleiden. Das beginnt bei der Zucht
und endet bei der Haltung. Wir wollen die Zucht leidensfreier Tiere fördern und
Qualzuchten beenden. Dazu gehören Puten, deren Brustfleisch so schnell wächst,
dass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten können, und Hunde, die kaum atmen
können. Tierquälerei soll entschieden bestraft werden. Wir wollen allen
Menschen, die Tiere halten, Zugang zu den notwendigen Kenntnissen geben. Da
Tiere ihre Rechte nicht selbst einklagen können, setzen wir uns für ihre bessere
rechtliche und politische Interessenvertretung ein. Dafür muss eine
Tierschutzbeauftragte bzw. ein Tierschutzbeauftragter, dieses Amt wurde in
dieser Legislatur geschaffen, verbindlich verankert und ein Verbandsklagerecht
für anerkannte Tierschutzorganisationen eingeführt werden.
Die meisten Tiere in Deutschland werden in der Landwirtschaft gehalten, viele
immer noch mit zu wenig Platz und nicht tiergerecht. Deshalb setzen wir uns
dafür ein, dass dort weniger Tiere besser gehalten werden, sich frei bewegen
können und ihrer natürlichen Lebensweise nachgehen können. Die Dauer von
Tiertransporten wollen wir europaweit effektiv auf vier Stunden begrenzen,
Transporte aus der EU heraus verbieten und Wege der Umgehung durch neue
Transitländer verhindern. Schlachtmethoden wollen wir im Sinne des Tierschutzes
verbessern.
Tierversuche wollen wir reduzieren und – wo immer möglich – durch innovative,
tierversuchsfreie Methoden ersetzen. Das stärkt auch den modernen
Forschungsstandort Deutschland.
Tierheime sind bundesweit am Limit, sie müssen finanziell besser unterstützt und
entlastet werden. Illegaler Tierhandel schadet Tieren und erzeugt
Gesundheitsrisiken für den Menschen und gehört deshalb beendet. Wildtiere
gehören in die Wildnis und nicht in Zirkusse, sie sollten nicht über gewerbliche
Onlineseiten und Wildtierbörsen angeboten werden. Kommerzielle Importe von
Wildfängen wollen wir beenden.